Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen, Berlin
Experimentelles Fernsehen der 1960er und 70er Jahre
19. Mai bis 24. Juli 2011
In den 1960er Jahren entwickelte sich das Fernsehen weltweit zum beherrschenden Massenmedium, dessen meinungsbildender Macht Künstler und Kulturtheoretiker skeptisch gegenüberstanden. Kritisiert wurde vor allem die „Einwegkommunikation“, die den Zuschauer in eine passive Rolle zwingt. Um das deutsche Fernsehpublikum aus dieser Passivität zu befreien, forderte der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt noch 1978 einen fernsehfreien Sonntag. In radikalen Kunstaktionen bezogen Künstler öffentlich Stellung zu dem Thema: Wolf Vostell begrub in New York ein mit Stacheldraht umwickeltes TV-Gerät (TV BURYING, 1963) und inszenierte in Wuppertal die rituelle Erschießung eines laufenden Fernsehapparates (NEUN NEIN-DE-COLL/AGEN, 1963). Joseph Beuys bedeckte die Mattscheibe eines Fernsehgerätes mit Filz (FILZ TV, 1966). In die Elektronik des Geräts selbst griff Nam June Paik ein und ließ zugleich die Zuschauer an der Gestaltung des Bildes aktiv teilnehmen (MAGNET TV, 1965; PARTICIPATION TV, 1963).
Ab Mitte der 1960er Jahre begannen Künstler, Schriftsteller, Komponisten und Regisseure, sich mit dem Medium Fernsehen zu beschäftigen und nach neuen bildsprachlichen und erzählerischen Mitteln zu suchen. Für das deutsche Fernsehen begann eine seiner experimentierfreudigsten Phasen. Mit der Einführung von MAZ, Bluebox und Stanztechnik ergab sich eine Fülle neuer ästhetischer Möglichkeiten, die viele Regisseure nutzten. Sowohl in der Populärkultur als auch in der Werbung und im Fernsehfilm zeigte sich eine neue ästhetische Vision. Anhand beispielhafter Arbeiten einzelner Künstler zeigt die Ausstellung in sieben Versuchsanordnungen einen Querschnitt dieser Epoche deutscher Fernsehgeschichte:
Versuch 1 / Theater (Peter Zadek und Samuel Beckett)
Versuch 2 / Klassische und Neue Musik (Mauricio Kagel und Klaus Lindemann)
Versuch 3 / Kunst (Gerry Schum)
Versuch 4 / Schwarzweiß (Truck Branss)
Versuch 5 / Pop-Art (Jean Christophe Averty, Bob Rooyens, Michael Leckebusch, Pierre Koralnik)
Versuch 6 / Werbung (Humanic, Charles Wilp)
Versuch 7 / Außerirdisch (Jacques Rouxel)